Wenn das Unbewusste Regie führt: Psychodynamische Impulse in der Verhaltenstherapie

Wenn das Unbewusste Regie führt: Psychodynamische Impulse in der Verhaltenstherapie
Verhaltenstherapie überzeugt durch ihre strukturierte Vorgehensweise, ihre Evidenzbasis und ihre Zielorientierung. Gleichzeitig erleben viele Therapeut:innen in ihrer Praxis Situationen, in denen bewährte Interventionen nicht greifen, Therapien stagnieren oder sich unerwartete Wendungen ergeben. Patient:innen verhalten sich anders als besprochen, Therapieziele werden sabotiert, die therapeutische Beziehung fühlt sich plötzlich angespannt an – und dies, obwohl die Fallkonzeption stimmig erscheint. Sie kennen das aus Ihrer Praxis: Manchmal spielen Faktoren eine Rolle, die sich mit verhaltenstherapeutischen Modellen allein nicht vollständig erfassen lassen.
Psychodynamische Konzepte bieten hier wertvolle Ergänzungen. Sie richten den Blick auf unbewusste Konflikte, repetitive Beziehungsmuster, Übertragungsphänomene und die Bedeutung der therapeutischen Beziehung als Wirkfaktor und Informationsquelle. Diese Perspektive ermöglicht es, das Therapiegeschehen in seiner Komplexität zu erfassen, ohne ständig neue Techniken einführen zu müssen. Stattdessen entwickeln Sie eine vertiefte Wahrnehmung für das, was sich zwischen den Zeilen abspielt – und nutzen Ihr eigenes Erleben als diagnostisches und therapeutisches Instrument.
Dieser Kurs vermittelt Ihnen ein praxistaugliches psychodynamisches Fundament, das Ihre verhaltenstherapeutische Arbeit von Beginn an ergänzt, vertieft und bereichert. Sie lernen, blinde Flecken frühzeitig zu erkennen, Therapiehindernisse psychodynamisch zu verstehen und verhaltenstherapeutisch zu bewältigen.
Was Sie in diesem Kurs erwartet
Die Fortbildung basiert auf dem integrativen Ansatz der tiefenpsychologisch fundierten Verhaltenstherapie, entwickelt und dargestellt im gleichnamigen Werk von Alexander Reichardt. Forschungsbefunde aus der Psychotherapieprozessforschung zeigen, dass die therapeutische Beziehung und unbewusste Prozesse wesentliche Wirkfaktoren darstellen – unabhängig vom theoretischen Ansatz. Studien zur Therapieresistenz und zu Therapieabbrüchen belegen, dass unerkannte Übertragungsdynamiken, Widerstände und repetitive Beziehungsmuster häufige Ursachen für Stagnation oder vorzeitige Beendigung sind.
Der Kurs arbeitet systematisch: Sie erarbeiten sich Schritt für Schritt die psychodynamische Herangehensweise – eine spezifische Haltung, eine Form der Wahrnehmung und ein eigenes Verstehen. Im Zentrum stehen Konzepte wie Übertragung und Gegenübertragung, unbewusste Konflikte, Abwehrmechanismen und szenisches Verstehen. Diese werden nicht als theoretische Konstrukte vermittelt, sondern als praktische Werkzeuge für Ihre verhaltenstherapeutische Arbeit nutzbar gemacht.
Sie lernen, Ihr eigenes emotionales Erleben in der Therapiesitzung produktiv zu nutzen: Was löst diese Patientin in mir aus? Warum fühle ich mich in dieser Stunde unerwartet gereizt, gelangweilt oder hilflos? Diese Gegenübertragungsreaktionen enthalten wertvolle Informationen über unbewusste Beziehungsmuster und können genutzt werden, um Therapieprozesse zu verstehen und zu steuern. Der Kurs verbindet theoretische Fundierung mit praktischer Anwendung: Videobeispiele, eigene Fälle, Kleingruppenarbeit und Diskussion ermöglichen unmittelbares Erproben und Vertiefen.
Konkret werden behandelt:
Psychodynamische Grundkonzepte für die Verhaltenstherapie
Übertragung, Gegenübertragung, Widerstand, Abwehrmechanismen und unbewusste Konflikte; deren Relevanz für verhaltenstherapeutische Behandlungsverläufe und praktische Erkennungsmerkmale im therapeutischen Alltag.
Psychodynamische Fallkonzeption als Ergänzung zur VT-Perspektive
Integration unbewusster Themen, repetitiver Beziehungsmuster und biografischer Prägungen in die verhaltenstherapeutische Konzeptualisierung; Erweiterung des Störungsverständnisses ohne Aufgabe der VT-Struktur.
Die therapeutische Beziehung als Informationsquelle und Wirkfaktor
Szenisches Verstehen, Nutzung des eigenen Erlebens als diagnostisches Instrument, Erkennung von Beziehungsinszenierungen; praktische Anwendung in schwierigen Therapiesituationen.
Früherkennung von Therapiehindernissen und Rückfallrisiken
Identifikation unbewusster Sabotage, Erkennung von Ambivalenz und verdecktem Widerstand, psychodynamisches Verstehen von Non-Compliance; präventive Interventionsstrategien.
Umgang mit Stagnation und therapeutischen Sackgassen
Psychodynamische Analyse festgefahrener Situationen, Auflösung repetitiver Muster, Integration unbewusster Konflikte in die verhaltenstherapeutische Intervention; konkrete Auswege aus Therapiestillstand.
Integration psychodynamischer Interventionen in die VT-Praxis
Deutungsarbeit, Konfrontation mit Vermeidung, Bearbeitung von Übertragungsmustern im VT-Setting; methodenintegrative Vorgehensweisen unter Beibehaltung der VT-Grundstruktur.
Das eigene Erleben als therapeutisches Element
Reflexion der therapeutischen Person, Arbeit mit eigenen Reaktionen, Förderung innerer Freiheit und professionellem Wohlbefinden; Bedeutung für Behandlungsqualität und Therapeut:innengesundheit.
Warum dieser Kurs?
Verhaltenstherapie ist hochwirksam und evidenzbasiert – dennoch erleben viele Praktiker:innen Situationen, in denen die strukturierte Vorgehensweise an Grenzen stößt. Therapien verlaufen nicht wie geplant, Patient:innen sabotieren Fortschritte, die therapeutische Beziehung wird zum Problem statt zur Ressource. Psychotherapieforschung zeigt, dass unbewusste Prozesse, Übertragungsdynamiken und die Qualität der therapeutischen Beziehung entscheidende Wirkfaktoren darstellen – auch in der Verhaltenstherapie.
Die Integration psychodynamischer Perspektiven erweitert Ihren therapeutischen Handlungsspielraum erheblich. Sie ermöglicht es, Therapiehindernisse frühzeitig zu erkennen und zu verstehen, bevor sie zu Stagnation oder Abbruch führen. Sie entwickeln eine vertiefte Wahrnehmung für das, was sich jenseits der manifesten Inhalte abspielt, und können Ihr eigenes Erleben produktiv nutzen, statt es als störend zu empfinden. Dies führt zu umfassenderen Fallkonzeptionen, präziseren Interventionen und letztlich zu stabileren Therapieerfolgen.
Besonders wertvoll ist die methodenintegrative Perspektive: Psychodynamisches Verstehen ersetzt nicht die verhaltenstherapeutische Vorgehensweise, sondern ergänzt und bereichert sie. Sie behalten Ihre VT-Struktur bei und gewinnen gleichzeitig Instrumente für komplexe Situationen, die mit rein behavioralen Modellen schwer zu fassen sind. Der Kurs basiert auf dem praxiserprobten Ansatz der tiefenpsychologisch fundierten Verhaltenstherapie und vermittelt konkrete Anwendungen für den ambulanten Alltag.
Darüber hinaus fördert die psychodynamische Haltung Ihre eigene innere Freiheit und Ihr professionelles Wohlbefinden. Indem Sie lernen, Ihr Erleben als bedeutungstragendes Element einzubeziehen, reduzieren Sie eigene Überforderung und erschließen neue Handlungspotenziale. Sie entwickeln eine Praxis, die theoretisch fundiert, technisch präzise und zugleich offen für die Lebendigkeit und Komplexität des therapeutischen Geschehens ist.
Sie verlassen diesen Kurs mit einem erweiterten Verständnis für Therapieprozesse, konkreten psychodynamischen Werkzeugen für Ihre VT-Praxis und einer therapeutischen Haltung, die Tiefe und Struktur produktiv verbindet.