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Geschlechtsidentität im Wandel – Geschlechtsdysphorie, Non-Binarität und Transidentität

Kursnummer:
26-1-018
Erster Kurstag:
Fr., 05.06.2026, 14:00 - 21:30 Uhr
Zweiter Kurstag:
Sa., 06.06.2026, 09:00 - 16:30 Uhr
Dauer:
16 UE
Fortbildungspunkte:
20 FBP
Gebühr:
−10% 44550 €

Geschlechtsidentität im WandelGeschlechtsdysphorie, Non-Binarität und Transidentität

Die psychotherapeutische Versorgung von transidenten und non-binären Menschen gehört zu den am stärksten wachsenden Behandlungsanlässen in der ambulanten Praxis. Aktuelle Erhebungen zeigen, dass etwa 0,5-1,5% der Bevölkerung eine Geschlechtsidentität jenseits des bei Geburt zugewiesenen Geschlechts entwickeln, mit steigender Tendenz insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Gleichzeitig berichten transidente Menschen von erhöhten Raten psychischer Belastungen: Depressionen, Angststörungen, Suizidalität und soziale Isolation treten deutlich häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung – bedingt durch Diskriminierungserfahrungen, fehlende gesellschaftliche Akzeptanz und oft langwierige Wege zur medizinischen Transition.

Sie kennen das möglicherweise aus Ihrer Praxis: Unsicherheit im Umgang mit transidenten Patient:innen, Fragen zur diagnostischen Einordnung, zur Indikationsstellung für hormonelle oder operative Maßnahmen, zur psychotherapeutischen Begleitung während der Transition. Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich mit dem Selbstbestimmungsgesetz grundlegend geändert, die ICD-11 verwendet eine entpathologisierende Nomenklatur, und die AWMF-Leitlinien bieten differenzierte Behandlungsempfehlungen. Zugleich ist das Thema gesellschaftlich und teilweise auch fachlich kontrovers diskutiert – zwischen Akzeptanz und Skepsis, zwischen Selbstbestimmung und Sorge vor Fehlentwicklungen.

Dieser Kurs vermittelt Ihnen fundiertes Wissen über Geschlechtsdysphorie, Transidentität und non-binäre Geschlechtsidentitäten aus klinischer Perspektive. Sie lernen, transidente und non-binäre Patient:innen kompetent zu diagnostizieren, psychotherapeutisch zu begleiten und reflektiert mit eigenen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Kontroversen umzugehen.

 

Was Sie in diesem Kurs erwartet

Die Fortbildung basiert auf dem Konzept der „konstitutionellen Geschlechtervielfalt“ – einem Verständnis, das Geschlechtsidentität als natürliche Variation menschlicher Entwicklung begreift. Dieses Konzept ist nicht nur für die Behandlung transidenter Patient:innen relevant, sondern erweitert das Verständnis der psychosexuellen Entwicklung grundsätzlich. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass Geschlechtsidentität biologische, psychologische und soziale Komponenten umfasst und sich nicht auf ein binäres Modell reduzieren lässt.

Die Forschung belegt, dass psychotherapeutische Begleitung und Akzeptanz die psychische Gesundheit transidenter Menschen deutlich verbessern. Studien zeigen, dass nach erfolgreicher Transition und in unterstützenden sozialen Kontexten die Raten von Depressionen und Suizidalität signifikant sinken. Gleichzeitig ist der Minoritätenstress – die chronische Belastung durch Diskriminierung, Ablehnung und gesellschaftliche Marginalisierung – ein wesentlicher Risikofaktor für psychische Erkrankungen. Diese gesellschaftlichen Dynamiken wirken direkt auf Ihre Patient:innen und beeinflussen den therapeutischen Prozess.

Der Kurs ist konsequent klinisch ausgerichtet: Kulturelle und politische Entwicklungen werden nicht abstrakt diskutiert, sondern im Kontext ihrer Auswirkungen auf einzelne Patient:innen und auf Ihre therapeutische Haltung betrachtet. Sie erarbeiten sich diagnostisches Handwerkszeug gemäß ICD-11 und AWMF-Leitlinien, lernen die Indikationsstellung für hormonelle und operative Maßnahmen kennen und entwickeln psychotherapeutische Strategien für verschiedene Phasen der Transition.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Behandlung transidenter Jugendlicher – eine Gruppe mit spezifischen Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben. Hier sind differenzierte Entscheidungen zu hormonellen Interventionen, zur Einbeziehung von Eltern und zur psychotherapeutischen Begleitung während der Pubertät erforderlich. Der Kurs vermittelt Ihnen evidenzbasierte Vorgehensweisen und reflektiert kontroverse Aspekte im Sinne einer verantwortungsvollen klinischen Praxis.

Die Selbstreflexion ist integraler Bestandteil: Welche eigenen Einstellungen, Unsicherheiten oder Vorbehalte beeinflussen die therapeutische Arbeit? Wie gehe ich mit gesellschaftlichen Kontroversen um, ohne diese auf Patient:innen zu projizieren? Diese Fragen werden in geschütztem Rahmen bearbeitet. Zudem ist ausreichend Zeit für Fallbesprechungen und Fragen eingeplant, um konkrete Praxissituationen zu klären.

 

Konkret werden behandelt:

Grundlagen: Konstitutionelle Geschlechtervielfalt
Geschlechtsdysphorie, Transidentität, non-binäre Geschlechtsidentitäten als Varianten menschlicher Entwicklung; biologische, psychologische und soziale Aspekte der Geschlechtsidentität; Relevanz für das Verständnis psychosexueller Entwicklung aller Patient:innen.

Diagnostik nach ICD-10, ICD-11 und AWMF-Leitlinien
Diagnostische Kriterien und Nomenklatur, Unterschiede zwischen ICD-10 und ICD-11, Entpathologisierungstendenzen; praktische Anwendung der AWMF-Leitlinien zur Diagnostik, Beratung und Behandlung; rechtliche Rahmenbedingungen durch das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG).

Gegengeschlechtliche Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operationen
Medizinische Grundlagen hormoneller Behandlung, Indikationsstellung und psychotherapeutische Begleitung, Rolle der Psychotherapeut:innen im interdisziplinären Behandlungsprozess; Überblick über operative Maßnahmen und deren psychologische Bedeutung.

Hormonelle Behandlung bei transidenten Jugendlichen
Besonderheiten der Diagnostik und Behandlung im Jugendalter, pubertätsblockierende Medikation, gegengeschlechtliche Hormonbehandlung, Einbeziehung von Eltern und Familie; kontroverse Aspekte und evidenzbasierte Entscheidungsfindung.

Psychotherapie bei Geschlechtsdysphorie, Transidentität und Non-Binarität
Psychotherapeutische Begleitung vor, während und nach der Transition, Bearbeitung von Identitätsfragen, Umgang mit Diskriminierungserfahrungen und Minoritätenstress, Komorbidität mit anderen psychischen Störungen; Integration in bestehende therapeutische Konzepte.

Gesellschaftliche und politische Kontexte in der klinischen Arbeit
Auswirkungen von Diskriminierung und gesellschaftlicher Polarisierung auf Patient:innen, Minoritätenstress und dessen Bearbeitung in der Therapie, Umgang mit gesellschaftlichen Kontroversen in der therapeutischen Beziehung.

Selbstreflexion: Herausforderungen in der Behandlung transidenter und non-binärer Patient:innen
Eigene Einstellungen, Unsicherheiten und Vorbehalte, Umgang mit Ambivalenzen, professionelle Haltung zwischen Akzeptanz und kritischer Begleitung; Förderung therapeutischer Kompetenz und Sicherheit.

 

Warum dieser Kurs?

Die Zahl transidenter und non-binärer Menschen, die psychotherapeutische Hilfe suchen, steigt kontinuierlich. Gleichzeitig ist die Versorgungssituation defizitär: Viele Therapeut:innen fühlen sich unsicher oder unzureichend qualifiziert, die Wartezeiten auf spezialisierte Behandlung sind lang, und die gesellschaftliche Polarisierung erschwert eine sachliche, patientenzentrierte Versorgung. Transidente Menschen berichten häufig von negativen Erfahrungen im Gesundheitssystem – von Ablehnung über Pathologisierung bis hin zu fehlender Fachkompetenz.

Die Forschung zeigt klar: Kompetente, akzeptierende psychotherapeutische Begleitung verbessert die psychische Gesundheit transidenter Menschen erheblich. Studien belegen, dass nach erfolgreicher Transition und in unterstützenden Kontexten die Zufriedenheit steigt und psychische Belastungen abnehmen. Psychotherapeut:innen spielen eine zentrale Rolle – nicht als „Gatekeeper“ medizinischer Maßnahmen, sondern als professionelle Begleiter:innen in einem komplexen Entwicklungs- und Entscheidungsprozess.

Dieser Kurs vermittelt Ihnen nicht nur diagnostisches und behandlungstechnisches Wissen, sondern fördert vor allem eine professionelle therapeutische Haltung. Sie lernen, transidente und non-binäre Patient:innen mit Respekt, Fachkompetenz und ohne Vorurteile zu behandeln. Gleichzeitig entwickeln Sie die Fähigkeit, kritisch und differenziert zu bleiben – weder unkritisch affirmativ noch ablehnend, sondern in einer therapeutischen Haltung, die individuelle Entwicklungswege achtsam begleitet.

Besonders wertvoll ist die Integration gesellschaftlicher und politischer Realitäten in die klinische Arbeit: Sie lernen, wie Minoritätenstress, Diskriminierung und gesellschaftliche Kontroversen konkret auf Ihre Patient:innen wirken und wie Sie diese Faktoren therapeutisch bearbeiten können. Die Selbstreflexion stärkt Ihre professionelle Handlungsfähigkeit auch in herausfordernden Situationen und fördert eine Haltung, die sowohl Offenheit als auch kritische Sorgfalt verbindet.

Sie verlassen diesen Kurs mit fundiertem Wissen über Geschlechtsdysphorie und Transidentität, praktischer Kompetenz in Diagnostik und Behandlung sowie einer therapeutischen Haltung, die transidenten und non-binären Patient:innen gerecht wird.

 

Dozent:

Dr. Wilhelm F. Preuss

Tickets

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